Für die volle Anerkennung der Flüchtlinge in Marokko und die Garantie der Grundrechte für alle MigrantInnen

Nach Jahren von Verhandlungen hat Marokko am 20. Juni 2007 aus Anlass des Weltflüchtlingstags seine Entscheidung angekündigt, ein Abkommen mit dem UNHCR (Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen) über seinen Sitz abzuschließen.

Das Nachfolgekomitee der euro-afrikanischen Konferenz „Migrationen, Grundrechte und Bewegungsfreiheit“ freut sich über diese Entscheidung, die Marokko, Unterzeichner der Genfer Konvention, in Übereinstimmung setzt mit seinen internationalen Verpflichtungen. Dieses Abkommen sollte dem UNHCR erlauben, voll und ganz sein Mandat in diesem Land zu erfüllen. Es impliziert gleichermaßen, dass Marokko den Flüchtlingen auf seinem Boden das Aufenthaltsrecht und alle damit zusammenhängenden Rechte zuerkennt. Wir wollen mit größter Wachsamkeit die effektive Umsetzung dieser positiven Folgen des Abkommens beobachten.

Wir appellieren jedoch an den UNHCR, die Anträge, die bei ihm gestellt wurden, mit größtem Wohlwollen zu überprüfen, angesichts der freien Hand, die er bei seiner Einschätzung hat und unter Anbetracht der politischen Situation der Länder, aus denen die Mehrzahl der Asylsuchenden kommt. Das Abkommen über seinen Sitz darf in keinem Fall eine größere Strenge in der Beurteilung von Anträgen mit sich bringen.

Unser Komitee muss gleichermaßen daran erinnern, dass jeder Person, welches auch immer ihr Status ist, und ob sie in ihrem Herkunftsland wohnt oder nicht, die Rechte zuerkannt werden müssen, die aufgezählt werden in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, dem Internationalen Pakt über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte ebenso wie in der Konvention zum Schutz der Rechte der Wanderarbeiter und ihrer Familien, die Marokko unterzeichnet hat.

Deshalb darf die Anerkennung des UNHCR und der Flüchtlinge, die unter seinen Schutz gestellt werden, in keinem Fall als Vorwand dienen für eine zunehmende Repression gegen MigrantInnen, die nicht in seine Zuständigkeit gehören, auch diejenigen in einer verwaltungsmäßig nicht regulierten (=illegalisierten, d.Ü.) Situation. Die international anerkannten Rechte der MigrantInnen müssen garantiert werden.

Die Anerkennung des Asylrechts in Marokko darf auch nicht die Europäische Union dazu veranlassen, die Kontrollen an ihren Außengrenzen zu verstärken, mit dem Risiko, den Zugang für Asylsuchende zu verwehren, und vertraglich diesem Land die internationalen Verpflichtungen zur Ausführung weiterzugeben, die eigentlich der EU obliegen.

Unser Komitee erinnert daran, dass die Sicherheitsmaßnahmen, die die EU und ihre „Partner“ umgesetzt haben, die zur Folge haben, dass MigrantInnen von einem Land ins andere zurück geschickt werden in Folge von Kettenabschiebeverträgen und dass Zurück- und Abschiebungen ohne gesetzliche Grundlage stattfinden, keine angemessene Antwort darstellen auf Situationen von Gewalt und Elend, in denen die Mehrheit der afrikanischen Migrationsbewegungen ihren Ursprung hat.

Die aktuellen Beschränkungen der Bewegungsfreiheit von Personen, während die Kapitalströme frei zirkulieren, bilden nur ein Hindernis für die Migration der Mittellosen, während die Armut und die Nicht-Entwicklung wissentlich aufrechterhalten werden durch die Mechanismen des internationalen Handels, die Schulden, die schon mehrfach zurückgezahlt wurden etc. und die weiter zunehmenden Abstände zwischen den Einkommen pro Einwohner zwischen Europa und Afrika.

Nicht nur werden die repressiven Maßnahmen den Migrationsströmen kein Ende setzen, sondern auch, angesichts der permanenten Neuzusammensetzung der Bewegungen der Personen, werden sie nur die Gefährlichkeit zunehmen lassen - die menschlichen Dramen, die sich täglich an den Grenzen abspielen, sind der schreiende Beweis dafür.
Wir fordern den Verzicht auf die von Sicherheitsdenken und Repression bestimmte Ideologie der Migrationspolitik, insbesondere die „Externalisierung“ des Asyls und die Grenzkontrollen, die Kriminalisierung der Migrationen, ebenso wie die rassistischen, fremdenfeindlichen und diskriminierenden Gesetze.

Wir fordern die Neubegründung der Migrationspolitik auf der Grundlage der Menschenrechte und einer wirklichen Gleichheit der Personen, die auf demselben Territorium leben, und die sofortige Legalisierung aller MigrantInnen ohne Papiere.

Unterzeichnet von mehreren Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen in Marokko und Europa, u.a. dem Flüchtlingsrat Hamburg

ABCDS (Association Beni Znassen pour la culture, le développement et la solidarité), ADEG (Appui au Développement de la Guinée), AFVIC (Association amis et familles des victimes de l’immigration clandestine), AFVMC Cameroun (Aide aux familles et victimes de l’immigration clandestine), AMDH Maroc (Association marocaine des droits humains), AMDH Mauritanie (association mauritanienne des droits de l’homme), APDHA (Association pour les droits de l’homme en Andalousie), ARCI-Italie, ARCOM (association des réfugiés et demandeurs d’asile congolais au Maroc), ARSF Cameroun (Association des réfugiés sans frontière), ATTAC-Maroc, ATMF (association des travailleurs maghrébins en France), Cimade, Collectif des réfugiés, CMSM (Conseil des migrants subsahariens au Maroc), FTCR, Fluechtlingsrat Hamburg (Conseil des réfugiés Hambourg), GADEM (groupe antiraciste d’accompagnement et de défense des étrangers et migrants), GISTI (Groupe d’information et de soutien des immigrés), Homme et environnement, Migreurop, OEPI-Bruxelles (Organisation des exilés politiques ivoiriens), RRIM (Rassemblement des réfugiés ivoiriens au Maroc), RSF Maroc (Réfugiés sans frontière), SdL Intercategoriale (Italia), Shabaka (réseau des association du Nord du Maroc pour le développement et la solidarité)