161 Organisationen der Zivilgesellschaft fordern die Europaabgeordneten auf, den schädlichen EU-Migrationspakt abzulehnen
Gemeinsame Erklärung
Trotz der Warnungen von über 50 Zivil-Organisationen, haben sich EU Gesetzgeber*innen im Dezember auf einen neuen EU-Migrationspakt geeinigt. Diese Einigung ist lediglich eine Fortsetzung der Migrationspolitik die seit zehn Jahren zu einer Zunahme an Menschenrechtsverletzungen geführt hat. Der Pakt wird außerdem verheerende Auswirkungen auf das Recht auf internationalen Schutz in der EU haben und Menschenrechtsverletzungen, wir, racial profiling, standardmäßige Inhaftierung und Pushbacks grünes Licht geben. Nächste Woche haben die Abgeordneten eine letzte Chance, die Dossiers in einer Plenarabstimmung abzulehnen und ein politisches Zeichen zu setzen gegen einen Pakt der der Grundrechte untergräbt.
Zusammengenommen werden die Verordnungen ein neues System zur "Kontrolle der Migration" in der EU einführen, das sich durch folgende Merkmale auszeichnet:
- De facto Inhaftierung an den Grenzen ohne Ausnahmeregelung für Familien mit Kindern aller Altersgruppen, schlechtere und beschleunigte Verfahren zur Bearbeitung von Asylanträgen anstelle vollständiger und fairer Beurteilungen, und eine Bevorzugung von Rückführungsverfahren mit geringen Schutzmaßnahmen.
- Weitaus mehr Asylbewerber*innen werden in Grenzverfahren landen und aufgrund der ‘“legal fiction of non-entry" nicht als im EU-Hoheitsgebiet befindlich betrachtet werden, was zu geringeren Schutzvorkehrungen führen würde und das Risiko von Menschenrechtsverletzungen und Pushbacks an den Grenzen erhöht. Auch unbegleitete Minderjährige können in Grenzverfahren festgehalten werden, wenn staatliche Behörden sie als "Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung" betrachten. Wie es lange auf den Inseln der Ägäis zu beobachten war, führt das Festhalten von Menschen in Grenzgebieten nur zu chronischer Überfüllung und unmenschlichen Bedingungen.
- Durch die Ausweitung des Grundsatzes der "sicheren Drittstaaten" werden Menschen, die Asyl beantragen, für unzulässig erklärt und zunehmend in Länder außerhalb der EU abgeschoben in die sie eine vage Verbindung haben. Dadurch erhöht sich die Gefahr einer unrechtmäßigen Rückführung. Diese Art von Externalisierung von Asylanträgen in Drittstaaten, konnten wir bereits in gescheiterten Abkommen wie dem EU-Türkei-Deal beobachten.
- Aufgrund des Mangels an sicheren und regulären Fluchtwegen, sind Schutzsuchende Menschen gezwungen, immer gefährlichere Routen auf sich zu nehmen. Infolgedessen
wurden im vergangenen Jahr allein im Mittelmehr mehr als 2.500 Menschen als tot oder verschwunden gemeldet. Die Dunkelziffer wird auf deutlich höher geschätzt. Der Pakt geht darauf nicht ein, sondern stärkt stattdessen weiter die Festung Europa. - Ein verstärkter Einsatz von Überwachungstechnologien in allen Stadien des Migrations- und Asylverfahrens. Der Pakt stellt einen weiteren Schritt in Richtung Massenüberwachung von Migrant*innen und rassifizierten Menschen dar. An Grenzen und in Haftanstalten sollen vermehrt Systeme eingesetzt werden, die Bewegung von Menschen überwachen, sowie personenbezogene Daten in großer Menge sammelnund diese unter Polizeibehörden in der der gesamten EU teilen.
Menschenrechtsorganisationen haben immer und immer wieder über die systematische Verletzung der Grundrechte von Schutzsuchenden Menschen berichtet. Insbesondere rassifizierte Gemeinschaften, wird der Zugang zu Unterkünften, Dienstleistungenund Asylverweigert, oft werden sie in großen Gruppen Opfer von Pushbacks. All das, während gleichzeitig eine Politik verfolgt wird, die darauf abzielt, Migration zu kriminalisierenund die den Raum für Zivilgesellschaft immer weiter schrumpfen lässt.
Die Kommission hat den neuen Pakt als "Lösung" für die ungleichen Standards bei der Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems in den Mitgliedstaaten vorgestellt. Der Pakt schafft jedoch weder Abhilfe noch unterstützt er die Mitgliedstaaten, die eine große Zahl von Erstankömmlingen an den Außengrenzen aufnehmen. Das Prinzip des "ersten Einreiselandes" bleibt bestehen und es wird keine verpflichtende Umverteilung von Menschen geben, die durch Such- und Rettungsaktionen gerettet wurden. Stattdessen können sich Mitgliedstaaten, die ankommende Menschen nicht direkt aufnehmen, aus der gemeinsamen Verantwortung ziehen, indem sie Grenzanlagen oder Haftanstalten an den außen Grenzen, oder dubiose Projekte in Drittstaatenfinanzieren.
Die Verhandlungen wurden von der Europäischen Kommission und der spanischen und belgischen Ratspräsidentschaft im Eiltempo zum Abschluss gebracht. Das führte zu einem mehr als 48-stündigen Verhandlungsmarathon im Trilog in dem das Parlament auch noch die letzten verbliebenen Schutzmechanismen im Pakt aufgeben musste. Was bleibt, ist ein äußerst komplexer Rechtsrahmen, der keine wirksame Lösung für die in den letzten Jahren aufgeworfenen Fragen der Migrationspolitik bietet und die Sicherheit der Menschen nicht gewährleisten kann. Das Abkommen widerspricht in seinem Kern allen Grundsätzen des Mandats des Rates.
Wir, die Unterzeichner, fordern die Abgeordneten auf, den Pakt in der Plenarabstimmung abzulehnen. Er schafft ein System, in dem das Recht, in der EU Asyl zu suchen, ernsthaft bedroht ist und indem Menschenrechtsverletzungen gegen Menschen aufgrund ihres Migrationsstatus in ganz Europa weiter gefördert werden.
Unterzeichnende Organisationen :
- A World of Neighbours
- A.S.G.I. (Associazione per gli Studi Giuridici sull’Immigrazione)
- Abolish FronteX
- Access Now
- ActionAid International
- aditus foundation
- African Children and Youth Development Network (ACYDN)
- AiA-Alternative Informatics Association
- Alboan
- AMERA International
- Amnesty International
- Andalucía Acoge
- ARCI
- Association for Legal Information (SIP)
- Association promotion droits humains (Migration et droit)
- Associazione ricreativa e culturale italiana (ARCI)
- Avocats Sans Frontières
- Be Aware And Share (BAAS)
- Better Days Greece
- Birlikte Yaşamak İstiyoruz İnisiyatifi (We Want to Live Together İnitiative) / Türkiye (Turkey)
- Bits of Freedom
- Boat Refugee Foundation
- Border Violence Monitoring Network (BVMN)
- Cairo Institute for Human Rights Studies (CIHRS)
- Center for Legal Aid – Voice in Bulgaria
- Centre for Peace Studies
- Changemakers Lab
- Churches´Commission for Migrants in Europe (CCME)
- CILD
- CIRÉ asbl
- CNCD-11.11.11
- Colectivo Indignado
- Colectivos en lucha Extremadura
- Collective Aid
- Comisión Española de Ayuda al Refugiado (CEAR)
- CONVIVE – Fundación Cepaim
- Coordinadora Obrim Fronteres
- Diotima – Centre for Gender Rights and Equality
- Dråpen i Havet / Stagona
- Draseis sti Geitonia
- E.L. Foundation
- ECCHR – European Center for Constitutional and Human Rights
- ECHO100PLUS
- EmpowerVan
- Entreculturas
- Epicenter.Works
- Equal Legal Aid
- Equinox Initiative for Racial Justice
- Equipo Decenio Afrodescendiente- Spain
- EuroMed Rights
- European Alternatives
- European Anti-Poverty Network (EAPN)
- European Civic Forum
- European Digital Rights (EDRi)
- European Network Against Racism
- European Sex Workers’ Rights Alliance
- Extinction rebellion Málaga
- Federation of protestant churches in Italy (FCEI)
- Fédérations des tunisiens citoyens des deux rives (FTCR)
- Fenix Humanitarian Legal Aid
- Flucht, interkulturelle Arbeit, Migration, Diakonie Hessen,
- forRefugees
- From the Sea to the City
- Fundación para la Innovación, Investigación, Formación y el Desarrollo Comunitario (FÜNDEC)
- Geloof & Samenleving
- Global Peace and Development Organization
- Greek Council for Refugees (GCR)
- Greek Forum of Migrants
- Grenzenlose Wärme – Refugee Relief Work e.V.
- Groupe d’information et de soutien des immigré⋅es (GISTI)
- Grupa Granica
- Hermes Center
- HIAS Europe
- Homo Digitalis
- Hope Cafe Athens
- Human Rights Legal Project
- Human Rights Watch
- HumanRights360
- Humans in the Loop Foundation
- I Have Rights
- Infokolpa
- Instance Nationale de Protection des Biens Publics et de la Transparence au Maroc “INPBPTM”
- Institute Circle
- Inter Alia
- International Rescue Committee
- Irídia-Center for the defense of human rights
- Italy Must Act
- Jesuit Refugee Service Greece (JRS)
- JRS Europe
- JRS Malta (Jesuit Refugee Service)
- Kerk in Actie
- KISA Cyprus
- Klikaktiv
- LDH (Ligue des droits de l’Homme)
- Legal Centre Lesvos
- Legis
- Lesvos Solidarity (LESOL)
- Lighthouse Relief
- Ligue des droits humains
- Maldusa project
- Médecins sans Frontières/Doctors Without Borders
- medico international
- Migrant Voice
- Migration Consortium
- Migration Policy group (MPG)
- Migreurop
- Mobile Info Team
- Movimiento por la Paz (MPDL)
- Mugak Zabalduz
- Mv Louise Michel
- Network for Children’s Rights (Greece)
- No Name Kitchen
- No One is Illegal
- Northern Lights Aid
- Novact
- Ongi Etorri Errefuxiatuak
- Oxfam
- Pan African Alliance on Climate Change
- Peace Institute (Mirovni inštitut)
- Plataforma Ciudadana Caudete se Mueve
- Politiscope
- Privacy International
- PRO ASYL
- Project Armonia
- Project ELPIDA e.V.
- Quaker Council for European Affairs
- r42 – Sail And Rescue
- Reachout Foundation
- Red Acoge
- Red SOS Refugiados Europa
- Red Umbrella Sweden
- ReFOCUS Media Labs
- Refugee Legal Support (RLS)
- Refugees Welcome Italia
- RESQSHIP e.V.
- Salud por Derecho
- Salvamento Marítimo Humanitario
- Samos Volunteers
- Save the Children
- Sea-Eye e.V
- Sea-Watch
- Second Tree
- Seebrücke
- Servicio Jesuita a Migrantes – SJM
- Sienos Grupė (Lithuania)
- SOLIDAR
- SOS Balkanroute
- SOS Humanity
- Statewatch
- Stichting LOS
- Still I Rise
- Stop Border Violence
- The European region of the International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association (ILGA-Europe)
- United Hands for Refugees e.V.
- United4Rescue – Gemeinsam retten e.V.
- Velos youth
- Walk of Shame
- Watch the Med Alarm-phone
- We Gaan Ze Halen (Let’s Bring Them Here)
- WissenschaftlerInnen für den Frieden Deutscland (Academics for Peace in Germany)
- Yoga and Sport with Refugees
This Diese Erklärung wurde erstmals im Februar 2024 in Umlauf gebracht, wobei 81 Unterschriften gesammelt wurden. Sie wurde dann im April 2024 erneut in Umlauf gebracht und sammelte insgesamt 161 Unterschriften.