Wieder Razzien gegen MigrantInnen in Marokko - Jan 2008

In Rabat/Marokko haben am 19.1.08 ab 16 Uhr wieder Razzien, Festnahmen und Deportationen von MigrantInnen und Flüchtlingen aus Subsahara-Afrika begonnen. Wie die AMDH (Marokkanische Menschenrechtsorganisation) unten berichtet, wurden insgesamt etwa 60 Personen festgenommen und im (Polizei-)Kommissariat des Stadtteils Nadha 1 in Rabat festgehalten. Hier eine Übersetzung des Textes mit einigen ergänzenden Anmerkungen:

 16 der Festgenommenen wurden freigelassen, weil sie politische Flüchtlinge sind,
 14 wurden als legal erklärt (weil sie über entsprechende Papiere verfügen),
 30 werden in Kürze an die (geschlossene) marokkanisch-algerische Grenze (bei Oujda/Ostmarokko) verbracht - unter welchen Bedingungen????
(Anmerkung: Solche Transporte fanden seit einer Großrazzia Ende Dez. 2006 mehrfach statt, und die MigrantInnen werden von den algerischen Grenzwächtern wieder nach Marokko gejagt und machen sich meist zu Fuß auf den Weg nach Oujda, wo sie versuchen, auf dem Uni-Campus oder in anderen Zufluchtsorten unterzukommen, aber weiter von Polizei und Miltär misshandelt und vertrieben werden und die Organsiation ABCDS und ein Pator versuchen, sie zu unterstützen - siehe Berichte dazu auf www.fluechtlingsrat-hamburg.de unter EU-Migrationspolitik).

Einige Verantwortliche der AMDH, von ATTAC Marokko, der OMDH (auch eine Menschenrechtsorganisation) und des UNHCR haben sich vor dem Ort der Verhaftung (s.o.) versammelt zum Zeichen der Solidarität mit den Betroffenen. Aber es gab weder eine Kundgebung noch Slogans, sondern die Leute wurden auseinandergetrieben durch die Ordnungskräfte.
Einige Vertreter der ausländischen Presse (ABC, Reuters) und die diplomatischen Vertretungen von Kongo-Brazzaville und Ghana waren anwesend.
Für die lokale Kommission der AMDH des Viertels Nahda-Rabat
der Koordinator: Miloud Belghali
simo_umt@yahoo.fr

In der zweiten mail, die ich nicht vollständig übersetze, wird ein Zusammenhang hergestellt zwischen den Razzien und einem am 21.1.08 in Rabat stattfindenden Treffen des "5+5-Dialogs" (Treffen der Außenminister der nordafrikan. Länder Libyen, Tunesien, Mauretanien und Algerien und der EU-Mittelmeerländer Italien, Spanien, Frankreich, Portugal und Malta) unter marokkanischem Vorsitz. Außerdem werden der EU-Kommissar für auswärtige Beziehungen und europ. Nachbarschaftspolitik und weitere internationale Beobachter da sein. Zu diesem Treffen hat das marokkanische Außenministerium auf seiner Internetseite die beiden untenstehenden Texte veröffentlicht.
Im ersten Text wird die Bedeutung des Dialogs für die Vertiefung der euro-maghrebinischen Beziehungen dargestellt. Das könnte bedeuten, dass die Razzien auch ein Zeichen für die EU darstellen, dass Marokko seine Rolle als Grenzpolizist der EU wahrnimmt...
Im zweiten Text wird berichtet, dass ein Gesetz geplant ist für die Ratifizierung des Abkommens zwischen Marokko und dem UNHCR, das am 20.7.07 in Genf unterzeichnet wurde. Dieses Abkommen ermögliche dem UNHCR, ein Büro in Marokko zu eröffnen (bisher hatte er nur einen informellen Status) und "die Fragen betreffend Flüchtlinge zu überprüfen". Zum Hintergrund: Bei allen Razzien in der letzten Zeit wurden auch Menschen festgenommen, die beim UNHCR einen Asylantrag gestellt hatten bzw. inzwischen anerkannt worden waren. Die vom UNHCR ausgestellten Papiere wurden von der marokkanischen Polizei nicht anerkannt, z.T. als "Fälschungen" deklariert und einfach zerrissen.

Als Ergänzung ist zu erwähnen, dass vom 25.-27.1.08 in Bouznika bei Rabat ein Sozialforum stattfindet, zu dem AktivistInnen aus anderen afrikanischen und auch aus europäischen Ländern erwartet werden. An dieser Konferenz werde ich für Pro Asyl teilnehmen und darüber sowie sicher auch über den Fortgang der Ereignisse nach der Razzia berichten. Öffentlichkeit dazu in Europa herzustellen, ist von den marokkanischen Organisationen erwünscht.